Griechenland und die EU
Griechenland und die EU

Jetzt ist es also passiert. Die Griechenland-Rettung ist gescheitert, alle Gespräche zwischen Athen und Europa abgebrochen, vor griechischen Banken prügeln sich Rentner um ein wenig Bargeld. Der GREXIT kommt. Oder nicht? Ist er vielleicht schon da? Und was bedeutet das alles für deine persönliche Anlagestrategie? Die dramatischen Entwicklungen der vergangenen Wochen lassen viele Anleger verwirrt zurück. Tatsächlich könnten die aktuellen Martausschläge auch von ganz anderer Seite herrühren. Deshalb werde ich in fünf Fragen einen kurzen Überblick über die Krise in Griechenland und ihre möglichen Konsequenzen für Privatanleger zeichnen. Zuletzt werde ich einige Handlungsempfehlungen geben und auf weitere Einflussfaktoren wie den China-Crash eingehen, der bisher kaum berücksichtigt wurde.

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1. Wie kam es zu der aktuellen Finanzlage in Griechenland?

Die Griechenland-Krise beschäftigt Politiker, Anleger und Öffentlichkeit ja nun wirklich nicht erst seit letzter Woche. Denn genau genommen dauert sie inzwischen schon seit sechs Jahren an. Als im Jahr 2009 in Folge der internationalen Finanz- und Bankenkrise auf der einen und einem jahrelangen Missmanagement griechischer Politiker auf der anderen Seite, die Zinskosten für Neuverschuldungen Griechenlands ins unerträgliche –- und vor allem unbezahlbare –- stiegen, begannen die damalige Regierung in Athen gemeinsam mit ihren europäischen Partnern eine Lösung der desaströsen Finanzprobleme des Landes zu erarbeiten.

Ergebnis dieses Prozesses war ein „Rettungspaket“, bestehend aus Notkrediten und verordneten Strukturreformen, wie es während der großen Staatsschuldenkrise von 2010 auch Irland, Portugal und Spanien erhielten. Doch im Gegensatz zu diesen drei Ländern, blieb eine nachhaltige Verbesserung der Situation in Griechenland aus, sodass, nachdem alle Gelder des ersten Rettungspaketes ausgezahlt waren, im Jahr 2012 ein zweites Rettungspaket aufgelegt wurde. Damit verbunden waren abermals Strukturreformen, die in erster Linie in Einsparungen von Staatsausgaben bestanden, die Streichung zahlreicher bestehender Verbindlichkeiten des griechischen Staates sowie weiterer Notkredite, die den griechischen Staat auf seinem Weg zur finanziellen Genesung unterstützen sollten.

2. Warum ist die Krise gerade jetzt so eskaliert?

Doch die finanzielle Genesung blieb abermals aus und dem griechischen Staat fiel es immer schwerer, die Gelder zur Tilgung der Notkredite aus den Rettungspaketen aufzubringen. Als vorauszurechnen war, dass Griechenland eine fällige Zahlung am 29.06.2015 nicht würde zahlen können – und dementsprechend auch keine weitere der fälligen Kreditraten – begannen die griechische Regierung um Ministerpräsident Tsipras und Finanzminister Varoufakis mit den Geldgebern über eine Lösung der neuerlichen Zahlungsschwierigkeiten zu verhandeln. Doch die Vorstellungen, wie man das Problem lösen sollte – ob durch neue Kredite, Streichung von Schulden oder einer weiteren Kürzung von Staatsausgaben – gingen so weit auseinander, dass eine Einigung beinahe unmöglich schien.

Am Abend des 26.06.2015 hatte man es dann doch beinahe geschafft. Nach zähen und teils erbittert geführten Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und den Geldgebern – den Institutionen (früher „Troika“), IWF, EZB und EU-Kommission – stand der Plan für ein drittes Hilfspaket. Doch nur wenige Minuten bevor man das Dokument durch gemeinsame Unterschriften offiziell gemacht hätte, wurden alle griechischen Vertreter plötzlich ohne Ankündigung und ohne Angabe von Gründen von den Verhandlungen abgezogen. Ministerpräsident Tsipras kündigte noch in der Nacht im staatlichen Fernsehen ein Referendum über die, zwischen der Regierung und den Geldgebern ausgehandelten Vorschläge an. Er forderte außerdem alle Bürger auf die Vorschläge, die seine Regierung und auch er persönlich, zuvor selbst mit ausgehandelt hatte, bei dem Referendum am folgenden Wochenende abzulehnen.

3. Was bedeutet das Referendum für den weiteren Verlauf der Krise?

Die langfristigen Folgen sind momentan unmöglich abzusehen. Ganz unmittelbar bedeutet das Referendum und besonders die Art wie es spontan beschlossen wurde, eine selten – manche behaupten nie – dagewesene Brüskierung der europäischen Partner und Geldgeber durch die Regierung in Athen. Selbst wenn sich die Bürger Griechenlands für die Vorschläge, die ja selbst noch gar nicht offiziell bestätigt waren, aussprechen würden: Wie sollte man mit einer Regierung, die im Vorfeld aktiv für deren Demontierung gekämpft hat, an einer erfolgreichen Umsetzung eben dieser Vorschläge arbeiten?

Des Weiteren bedeutet es, dass Griechenland die fällige Rate am 29.06.2015 nicht überweisen konnte und daraufhin alle laufenden Zahlungen an die griechische Staatskasse sowie an die griechische Zentralbank (die als Sicherheit nur griechische Staatsanleihen anzubieten hat) eingestellt wurden. Die griechischen Geschäftsbanken, die ihr Geld wiederum nur noch von der griechischen Zentralbank erhalten hatten, haben die tägliche Bargeldauszahlung pro Kunde auf 60 EUR limitiert um ihre Bargeldreserven, für die es ja nun keinen Nachschub mehr gibt, zu schonen. Kartenzahlungen und Online-Überweisungen funktionieren jedoch nach wie vor uneingeschränkt. Rentner erhalten außerdem die doppelte Menge Bargeld, da diese in Griechenland kaum über EC-Karten verfügen.

Die Entscheidung der griechischen Bevölkerung gegen die Pläne der EU gaben Tsipras nun überraschend Rückhalt — nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass ein Volk kaum für seine eigenen finanziellen Nachteile abstimmen wird. Der Rücktritt des Finanzministers war hingegen überraschend — ging die Wahl doch eigentlich nach seinen Wünschen aus.

4. Kommt jetzt der GREXIT?

Auch das lässt sich nicht beantworten, weil es für „GREXIT“ („GRiechischer EXIT“), auch wenn es ein sehr schöner und oft genutzter Ausdruck ist, keinerlei eindeutige Definition gibt. Denn selbst die Vorgänge, die im Allgemeinen als „GREXIT“ beschrieben werden –- nämlich ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro-Raum oder ein komplettes Ausscheiden aus der Europäischen Union – sind rechtlich gar nicht möglich, da in den entsprechenden Verträgen keine Ausstiegsklauseln aufgenommen wurden. Es lässt sich also keine seriöse Aussage über die Frage GREXIT Ja/ Nein treffen, da niemand weiß wie ein potentieller GREXIT aussehen könnte. Die Schaffung, Verabschiedung und Ratifizierung eines geordneten Austrittsverfahrens aus dem Euro oder sogar der EU würde mehrere Jahre dauern und ist darum keine Option für eine Lösung der akuten Probleme.

Tatsache ist jedoch, dass die EU Griechenland nicht einfach fallen lassen kann. Die humanitäre Katastrophe, die das Land in einem solchen Fall erleben würde, wären für keine Politikerin und keinen Politiker in Europa akzeptabel – und sei es nur aus wahltaktischen Gründen. Außerdem hat Griechenland für Europa eine wichtige strategische Bedeutung. Es bildet Europas südöstliche Außengrenze und die Stabilität des Landes ist darum zur Regulierung von Flüchtlingsströmen aus Nah-Ost aber auch bei einer weiteren militärischen Destabilisierung des Nahen und Mittleren Osten für alle Staaten der EU unverzichtbar. Ein GREXIT in der Form, dass man Griechenland vollkommen sich selbst und seinem Schicksal überlassen wird, ist darum äußerst unwahrscheinlich.

5. Wie wirkt sich das Alles auf deine Anlagestrategie aus?

Bisher habe ich Griechenland im Hinblick auf meine Anlageentscheidungen nur sehr eingeschränkt berücksichtigt. Zudem habe ich in meinem Aktiendepot kaum Werte, die in irgendeiner Weise an Griechenland gekoppelt sind. Die Kapriolen schlagen zwar in den Medien große Wellen und sind für die EU durchaus relevant. Wirtschaftlich — und damit auch mit Blick auf die Finanzmärkte — sehe ich hingegen eher beschränkte Auswirkungen.

Auch wenn die jüngsten Vorkommnisse in der Griechenland-Tragödie besonders dramatisch wirken, bleiben ihre Auswirkungen auf private Anleger jedoch sehr begrenzt. Internationale und besonders deutsche Banken haben ihr Engagement in Griechenland in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgebaut, um die eigenen Verluste bei einem totalen Crash der griechischen Wirtschaft zu minimieren. Kritiker sagen, die Risiken wurden auf die europäischen Steuerzahler übertragen.

Hochspekulative Finanzprodukte, die auf einen bestimmten Verlauf der Krise wetten, haben keinen nennenswerten Marktanteil und ihr Risiko-Rendite-Verhältnis bleibt weiterhin enorm hoch. Auch wenn die Börsen am Montag nach jenem historischen Wochenende weltweit mit deutlichen Verlusten gestartet sind (die Börse in Athen blieb gleich ganz geschlossen), haben sich diese Verluste an den meisten Handelsplätzen inzwischen weitgehend ausgeglichen.

Wenn du also nicht gerade große Investitionen in lokale Kleinbetriebe in Thessaloniki oder Piräus geplant hast, solltest du deine Investmentstrategie weiterhin eher an der Niedrigzinssituation, als den jüngsten Kapriolen der Regierung in Griechenland orientieren. Grundsätzlich gilt, dass politische Börsen kurze Beine haben — solang Griechenland sich also wirtschaftlich nicht auf die anderen Länder auswirkt, dürfte die Aufregung bald wieder vergessen sein.

Auch mögliche Spill-Over Effekte wie noch 2010 sind inzwischen weitgehend ausgeschlossen. Achte also auf nachhaltige und produktionsfokussierte Investments. Senke die Fixkosten, indem du zum Beispiel auf Vergleichsrechnern wie bankkonto-kostenlos.de die Preise im Blick behälst.

Eine deutlich größere Rolle dürfte die platzende Blase an den Börsen in China spielen. In den vergangenen Tagen sind die chinesischen Indizes um fast 30 Prozent eingebrochen, was bei der enormen Größe der Volkswirtschaft wohl auch in Europa und den USA nicht spurlos vorbei gehen wird. Dagegen ist Griechenland wohl eher ein kleiner Schnupfen.

Letztendlich ist der fortschreitende Absturz Griechenlands zwar ein politisches Desaster und zweifellos eine Katastrophe für die griechischen Bürger, doch von den weltweiten Finanzmärkten ist sie schon seit einiger Zeit eingepreist. Deswegen gehe ich eher davon aus, dass die aktuellen Kursbewegungen sich durch die Schwierigkeiten in China erklären lassen. Sollten chinesische Investoren gewzungen sein, ihre Auslandsinvestitionen zu liquidieren um die chinesischen Kurseinbrüche abzufedern, könnte es wohl auch in anderen Teilen der Welt eher abwärts als aufwärts gehen.