Schlussverkauf

Kennst du den Spruch? Kaufen, wenn die Kanonen donnern! Man muss dann investieren, wenn niemand mehr Kaufen will! Ich ärgere mich regelmäßig, wenn ich Aktien kaufe und die Kurse anschließend weiter fallen. Das nächste Mal warte ich auf den großen Crash, verspreche ich mir dann. Einmal Aktien zum Tiefstkurs kaufen. Das kann doch nicht so schwer sein?!

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Doch wenn ich mir objektiv anschaue, wie ich Geld anlege, bin ich irgendwie bisher kein Schnäppchenjäger gewesen. Vielmehr war ich die letzten 10 Jahre ein Herdenschaf und bin immer schön mit der Herde mitgelaufen. „Dem Trend folgen“ heißt das auf Neudeutsch.

In Foren liest man regelmäßig von den Spezialisten, die gern dann kaufen, wenn die Kurse ins bodenlose fallen. Gerade ist wieder so ein Zeitpunkt. Es gibt Aktien, die viele im Moment nichtmal mit der Kneifzange anfassen würde. „Zu gefährlich!“

Aber stopp! Wenn alle rufen, dass es zu gefährlich ist, jetzt zu kaufen, ist das nicht der richtige Zeitpunkt zum Zuschlagen?

Schnäppchen überall, und keiner will sie haben

Mein Blick fällt auf vielen Aktien mit der roten Laterne. Die Underperformer. Die Schlusslichter. Die Unternehmen, die in den letzten 12 Monaten ein Drittel ihres Wertes verloren haben. Oder gar die Hälfte. Das sind doch Schnäppchen!

  • BP: -20 Prozent, Dividende 6 Prozent
  • Chevron: -35 Prozent, Dividende 5 Prozent
  • ConocoPhillips: -48 Prozent, Dividende 5 Prozent
  • Shell: -30 Prozent, Dividende 5 Prozent
  • ExxonMobil: -20 Prozent, Dividende 4 Prozent

Aber halt! Sind das nicht alles Ölunternehmen? Na klar! Öl ist doch um über 50 Prozent im Preis gefallen! Ölunternehmen verdienen kein Geld mehr und machen hohe Verluste!

Werden deswegen die Ölunternehmen in den nächsten 10 Jahren alle verschwinden und bankrott gehen?

Wer kaufen will, wenn die Kanonen donnern, kommt um Ölinvestments nicht herum. Aber wer nicht die Eier hat, jetzt einzusteigen, soll sich später auch nicht beschweren, dass er ständig zum schlechten Kurs kauft.

An der Börse ist es nicht wie im Supermarkt. Dort rennen die Leute schreiend den Schnäppchen nach und können es nicht billig genug haben. An der Börse muss es immer schön teuer sein. Qualität hat schließlich ihren Preis.

Rote Zahlen und Verluste weit und breit

Ich möchte an dieser Stelle aber auch ehrlich mit dir sein: Ich habe auch nicht die Eier, die ich gern hätte. Im Moment bin ich unter anderem in BP investiert und sitze dort auf stattlichen Verlusten, obwohl ich schon zwei mal nachgekauft habe. Einen Schuss habe ich noch, danach ist mein Pulver alle. Einzig die Dividende macht mir Mut. Doch wenn sie tatsächlich gekürzt wird — wie einige Propheten vermuten, sieht es schlecht aus.

Meine Frau hat sich mit Chevron eingelassen. Auch hier hat sich mittlerweile ein hübsches Minus angehäuft. Nachkaufen wird sie wohl nicht nochmal, obwohl es reizvoll scheint.

Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass Öl in den nächsten Jahren seine Bedeutung verlieren wird. Auch die Unternehmen dieser Branche werden wieder Geld verdienen. Aber wann?

Alternativen

Neben Öl im Super-Sale gibt es auch noch klassische Aktien, die günstig aussehen. Coca Cola, McDonalds, Procter&Gamble, AT&T.

Bei allen bewerte ich „günstig“ im Hinblick auf die aktuelle Dividendenrendite. Betrachtet man den Kurs zum aktuellen Gewinn (KGV) dann sind die meisten Unternehmen hier immer noch mit über 20 bewertet — das ziemliche Gegenteil von günstig. Bei den zyklischen Ölaktien ist das KGV eher um die 10, erwartet wird durch die Gewinneinbrüche auch hier ein KGV um 20.

Auch die deutschen Versorger scheinen sich mit schlechten Meldungen zu überschlagen. E.on auf Talfahrt und RWE macht seinem Slogan alle Ehre: voRWEg gehen — und direkt über die Klippe in die Tiefe stürzen. Das kommt mir jedenfalls in den Sinn, wenn ich die Kurse anschaue.

Und dann sind da noch die Pharma-Werte. Pfizer, Gilead Sciences und viele andere steigen fleißig. GlaxoSmithKline tastet sich am Tief entlang. Auch hier könnte eine Chance lauern: Zumindest die Dividende wurde bis 2017 vom Management garantiert.

Handlungsmöglichkeiten

Was kann man tun? Wer günstig einsteigen möchte, bekommt viele Chancen. Wer teuer Kaufen will, hat auch reichlich Auswahl. Tabak und Internet-Aktien sind überwiegend ambitioniert und über ihren historischen Mittelwerten bewertet.

Wer am Grund die Schnäppchen abfischen möchte, sollte schrittweise vorgehen. Sofort alles zu investieren, kann in teuren Verlusten enden. Stattdessen das Geld in Häppchen verteilt über 6 Monate in günstige Werte verteilen.

Auch würde ich gewisse Quoten empfehlen. Egal wie weit eine Aktie fällt, irgendwann muss Schluss sein mit nachkaufen! Lege dir vorab fest, wieviel Geld du investieren möchtest und wie oft du nachkaufst. Schreibe dir diese Entscheidung am besten auf und halte dich um jeden Preis daran.

Ansonsten wirfst du gutes Geld dem schlechten hinterher. Niemand weiß, wie lang die Kurse fallen.

Alternativ könnte es sich auch lohnen, statt Aktien einfach Call-Optionen zu kaufen. Damit kannst du deine Investition deutlich reduzieren und dein Kapital auf mehr Werte verteilen. Die Optionen oder Optionsscheine sollten aber wenigstens ein Jahr Laufzeit haben, besser ist mehr. Nur so haben die Kurse genug Zeit, sich in deine Richtung zu bewegen.

Was machst du? Sammelst du schon günstige Aktien ein? Oder wartest du lieber ab, bis die Herde Entwarnung meldet? Was ist schlechter: Zu früh kaufen oder zu spät?

Ich bin auf jeden Fall gespannt, wo wir in einem Jahr stehen werden. Ob sich alle Befürchtungen bewahrheiten werden?

14 KOMMENTARE

  1. Hallo,

    ich habe das Ganze ein wenig „automatisiert“. In meinem Portfolio unterscheide ich zwischen einem sicheren und einem unsicheren Anteil in einem fixen Verhältnis zueinander. Alle Dividenden und Sparraten landen erst einmal auf dem TG-Konto im sicheren Bereich. Der sichere Bereich wächst somit immer weiter. Wenn die Aktienkurse (im unsicheren Bereich) konstant bleiben würden, würde irgendwann ein Überhang entstehen, fallen die Kurse, wird dieser Überhang immer größer. Einmal im Monat prüfe ich das Verhältnis und investiere wenn ich eine Position in einer vernünftigen Größe kaufen kann. Bei fallenden Kursen verschiebt sich das Verhältnis so stark, dass die sichere Position absolut reduziert wird um das Verhältnis wieder herzustellen.

    Kurz: Momentan ist auf jeden Fall ein Zeitpunkt, an dem ich hier und da mit einer ersten Position beginne. Heute traf es den Nachkauf meines EM-ETFs.

    VG Jan

    • Hallo Jan, das ist ein interessantes Konzept, ich glaube da sind wir gar nicht so weit weg voneinander. Nur dass bei mir das Sichere und spekulative Depot mein Dividendendepot und das Optionsdepot darstellen. Die Gewinne aus dem Optionen sollen dann wieder in Dividendenaktien investiert werden.

  2. Klingt für mich als hättest du deutlich zu früh nachgekauft.

    2 Bedingungen machen Sinn die man beim Nachkaufen überlegt haben sollte:

    1) Kaufe erst ab einem „Verlust“ von XX% nach
    2) Kaufe frühestens nach XX Monaten nach (JA … Monate!)

    Die Kombination aus beidem hat mich vor einigen „zu frühen“ Nachkäufen bewahrt und wie du selbst festgestellt hast: Es dauert einfach eine Weile, bis so manche Unternehmenskrise überwunden ist.

    Ich kaufe zu geringeren Preisen nach um den Durchschnittspreis im Depot zu senken (bzw. die Div. Rendite zu erhöhen).
    Mein Anlagehorizont, ist meisst „für immer“ – warum sollte ich daher dem Nachkauf nicht auch einfach ein bisschen Zeit einräumen …

    • Ja, da hast du recht, ich habe ja selbst auch schon über das Thema nachkaufen philosophiert. Man muss vielleicht dazu sehen, dass ich die Position in BP schon seit über einem Jahr aufbaue (siehe meine ersten Put-Verkäufe in 2014). Da mein Plan nun ausgeführt ist, kann ich nun nur noch abwarten. Mit einer Dividende von über 6 % Prozent fühle ich mich fürs warten aber gut vorbereitet.

  3. Hallo Rico,

    ich beobachte die Ölunternehmen im Moment sehr intensiv und bin davon überzeugt, dass hier die größten Chancen liegen. Im Moment sprechen wir von Dividendenrenditen von bis zu 5 % oder 6 %. Selbst wenn diese um die Hälfte gekürzt werden sollten, haben wir immer noch sehr gute Renditen. Was es man in anderen Anlageformen kaum erreicht. Und solange die Majors noch Gewinne machen, werden sie diese vermutlich auch weiterhin mit den Anteilseignern teilen.

    Und wie heißt es so schön: Time in the market, not timing the market.
    Also schön die Positionen aus- und aufbauen und frisches Geld plus Dividenden zu günstigeren Kursen reinvestieren.

    Die Ansicht von scratch teile ich ebenfalls. Auch mit Nachkäufen kann und darf man sich Zeit lassen. Es weiß nur eben niemand vorher wie viel.

    • Ich hoffe nicht, dass hier wesentlich gekürzt wird. Meine Strategie basiert darauf, dass die Unternehmen ihre Ausschüttung durchziehen und die Anleger damit beruhigt werden. Entsprechend müssten sich dann auch die Kurse wieder stabilisieren.

      Bei fallenden Kursen ist es irgendwie immer das gleiche. Niemand will ins „fallende Messer“ greifen. Im Endeffekt weiß aber niemand, wann es auf den Boden aufschlägt. Von daher: „Wer Aktien nicht hat, wenn sie fallen, hat sie auch nicht, wenn sie wieder steigen.“

      • Im Grunde fahre ich Income Investing per Dividend Growth. Somit erhoffe ich mir ebenfalls keine Dividendenkürzungen oder gar -streichungen.

        Dennoch habe ich lieber ein gesundes Unternehmen, welches nicht aus der Substanz ausschüttet als ein Unternehmen, dass sich langsam aber sicher überschuldet.

        Ich achte zwar beim Kauf neuer Positionen darauf, dass die entsprechenden Gewinnerwartungen und mit sich bringender Dividendenerhöhungen gegeben sind, aber wie schon gesagt, halte ich 3 % bei BP oder 4 % bei BHP Billiton nicht für die schlechtesten Renditen. Entsprechend würden ja auch die Kurse nachgeben, womit man langfristig wieder zu höheren Dividendenrenditen käme, wenn man denn seine Positionen weiter ausbaut.

        Bei antizyklischen Unternehmen wären Dividendenkürzungen oder -streichung eher ein Verkaufsgrund für mich, als bei Zyklikern.

        Gegen das fallende Messer habe ich nichts einzuwenden. Wie gesagt, es darf aber natürlich gerne noch tiefer fallen. Wenn ich ein Unternehmen zu einem meines Erachtens fairen Preis bekomme, dann ärgere ich mich nicht, dass ich es nicht noch günstiger bekommen habe. Sonst müsste ich mich auch über jeden TV-, PC- oder Klamottenkauf in meinem Leben ärgern. Zuschlagen kann ich bei weiteren Abschlägen und genügend Liquidität dann immernoch.

  4. Hey Rico

    Seadrill wäre noch erwähnenswert!

    Ich bin bei diesem Unternehmen seit anfang Juli eingestiegen und
    es ist seit August 2014 um ca 80% gefallen!

    • Hi Alex, Seadrill ist mir an der Stelle eigentlich zu spekulativ. Wenn die Ölproduzenten ihre Projekte streichen, um die Dividende konstant zu halten, bekommt Seadrill keine Aufträge mehr. Wovon sollen sie dann Dividenden zahlen?

  5. Ich drücke euch die Daumen, dass nicht eines eurer Unternehmen abschmiert.
    Wird wieder mal Zeit für nen ordentlichen Crash!
    Ich kaufe derweil weiter langweilig World und EM ETF’s wie Jan 😉

  6. Hi,
    ich musste schmunzeln, dass ist genau die Liste der Ölwerte, die ich im Depot habe.
    Und ja, da rauscht es gerade richtig runter. Ob ich Eier habe oder nicht, keine Ahnung, aber wenn ich schon die ganze Zeit sage: die sind alle zu teuer, dann sollte ich auch jetzt zugreifen. Denn: ja, wenn ich überlege, ob ich die gefallenen Werte auch heute noch kaufen würde, dann muss ich die Frage mit ja beantworten. D.h. kein Verkauf, sondern nachkaufen.

    Ich habe alle 5 auch in meinem Sparplan bei der Consorsbank und nutze nun beide möglichen Kauftermine 1. und 15. um alle 5 mit weiteren Einmalzahlungen weiter zuzukaufen. Da nutze ich gerade alles freie Geld, was ich habe.
    Ich hoffe das das eher eine Riesenchance ist, die „Jungs“ günstiger zu bekommen. Und freue mich aktuell auf die zusätzlichen Dividenden im Dezember 🙂

    Ich kann mich auch irren, aber ich gehe davon aus, dass maximal die kleinen Werte pleite gehen, aber nicht die große. Und wenn es doch einen von den großen erwischen sollte, nun, es werden sich nicht alle gleichzeitig in Luft auflösen und irgendeiner wird dann die Auflösungsreste kaufen.

    Sprich: ich kaufe alle 2 Wochen nach – mit der Gieskanne 🙂

    Viele Grüße,

    ~ Markus

    • Hallo Markus, das ist sehr mutig, aber ich möchte dich an der Stelle unbedingt auf meinen früheren Artikel zum Thema Nachkaufen hinweisen. Sei nicht leichtsinnig! Es gibt keine Garantie, dass es wieder hoch geht. Alles auf eine Karte zu setzen ist keine Strategie sondern Glücksspiel. Nutze deine Investitionen auch für andere Bereiche in denen es runter ging und packe nicht alles in Öl.

      • Hallo Rico,

        nein, alles in Ordnung: auch die IBM wird jetzt noch weiter bestückt.

        Ansonsten habe ich im Sparplan folgende Werte:
        RDS.A, MMM, BP, XOM, T, CVX, PG, MO, UN, PEP, COP, MSFT, KO, DEO, IBM, CVS, CSCO, JNJ, MCD, PM

        GIS, CLX, CL habe ich bei denen (Consors)) schon mal als weitere Titel angeregt, aber die muss ich immer mal als Einzelkäufe holen.

        Viele Grüße,

        ~ Markus

  7. Liebe Leser!
    Ich verfolge die Value Investing Strategie nach Benjamin Graham und nutze auch Crashes, um billig Aktien einzukaufen. In wirtschaftlichen besseren Zeiten verkaufe ich einige dieser Aktien wieder. In der Zwischenzeit freue ich mich über die Dividenden. Und im nächsten Crash wiederhole ich das Ganze.

    Ob du in einem Crash zu früh oder zu spät zuschlägst ist meiner Meinung nach egal. Was zählt ist, zu welchen Preis du diese kaufst.

    Ölaktien bieten meiner Meinung nach die perfekte Möglichkeit, kurzfristige Gewinne zu realisieren. Langfristig würde ich aber in diese nicht investieren, da diese sehr spekulativ sind und vom Ölkurs, der jederzeit wieder fallen kann, abhängig sind.

    Viel Erfolg!
    Euer Investment Amad€

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