Deutschlands zweitgrößter Versorger RWE könnte offenbar schon dieses Jahr die Dividende kürzen. Bisher stand die Aussage, dass für 2013 die Ausschüttung noch auf bekanntem Niveau bleiben soll. Begründet wurde dies insbesondere mit dem Erträgen für 2013. Jetzt tauchen Diskussionen auf, dass RWE die Ausschüttungsquote von 60 Prozent des nachhaltigen Gewinns herabsetzen könnte.

Ich vermute, dass dies insbesondere durch die Aussicht auf schlechtere Erträge in der Zukunft durch die Energiewende zu begründen wäre. Mich persönlich überrascht dieses Gerücht nicht wirklich. Einerseits macht der Versorger sowieso nur einen kleinen Teil von meinem Aktiendepot aus. Andererseits stand eine Kürzung sowieso im Raum. Ob sie nun 2013 oder 2014 erfolgt, sollte für Anleger, die jetzt noch investiert sind, keine entscheidende Rolle spielen.

Interessant ist, dass gleichzeitig mit dem Aufkommen dieser Gerüchte der Kurs einen regelrechten Sprung gemacht hat. RWE befand sich erst noch bei knapp über 20 Euro und damit auf einem Niveau, das zuletzt nur 2003 und 1993 erreicht wurde. Nun ist der Kurs wieder auf knapp über 25 Euro und damit um über 25 Prozent in die Höhe geschossen.

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Bewertung von RWE

Geht man objektiv an die Sache heran, fallen zwei Dinge auf: Der Kurswert ist auf Rekordtief und das Unternehmen erwartet für 2013 noch immer einen Ertrag von knapp 4 Euro je Aktie. Beim derzeitigen Kurswert entspricht das einem KGV von 6,25. Übersetzt in Renditen bringt jeder Euro investiert in RWE derzeit eine Brutto-Rendite von über 16 Prozent. Zum Vergleich: Die beliebten Dividenden-Stars wie Coca Cola oder McDonalds mit KGVs um 20 erreichen eine Brutto-Rendite von gerade einmal 5 Prozent und weniger.

Würde der Gewinn sich nun halbieren, hätte RWE ein KGV von 12,5 und wäre damit immer noch anständig bewertet. Gleichzeitig liegt die Dividenden-Rendite im Moment bei 2 EUR/ 25 EUR oder 8 Prozent. Wird diese tatsächlich gekürzt, kann man mit etwa 1 Euro je Aktie rechnen, was dann 4 Prozent pro Jahr entspricht. Ausgehend vom Dividenden-Rekord mit über 3,50 EUR je Aktie hätte RWE die Ausschüttungen dann um 70 % eingestampft und wäre immer noch unter den Top-Dividenden-Zahlern.

Tiefstkurse erkennt man immer erst im Nachhinein

Einmal mehr beweist die aktuelle Lage zwei Dinge: Wer es tatsächlich geschafft hat, zum Tiefstkurs einzukaufen, konnte sich innerhalb weniger Tage über hohe Gewinne freuen.

Wer langfristig auf einen günstigen Einstieg gewartet hat und diese Chance nicht genutzt hat, hat sich bereits um 25 Prozent Kursgewinne gebracht.

RWE Kursentwicklung der Stammaktie von 1992 bis 2013
RWE Kursentwicklung der Stammaktie von 1992 bis 2013

Wer auf die Dividende von RWE setzt, braucht starke Nerven. Langfristig beweist die Historie, dass RWE immer mal wieder starke Eingriffe vornimmt und damit keine verlässliche Zahlbasis vorweist. Gleichzeitig hätten Dividenden-Investoren schon mit der letzten Kürzung um über 30 Prozent vor 2 Jahren dem Unternehmen den Rücken kehren müssen. Denn die Dividenden-Strategie sieht eine Investition in Verlierer nicht vor. Dividenden-Kürzung gelten als Warnung und klares Verkaufssignal.

In jedem Fall hätte wohl vor zwei Wochen niemand mit absoluter Sicherheit sagen können, dass es sich um die Tiefstkurse gehandelt hat. Gleichzeitig weiß auch jetzt niemand, ob RWE nach dem Hüpfer nicht wieder eine Rolle rückwärts macht.

Wie geht es weiter mit RWE?

Für mich heißt es vorerst weiter halten. Zwar stehen Gerüchte im Raum, aber offiziell ist noch gar nichts. Meine Erfahrung lässt mich zwar nichts Gutes hoffen, doch sind diese Gefühle für eine Entscheidung absolut zweitrangig. Meine Strategie beim Kauf von RWE war: Es wird die Dividende mitgenommen — Verkauft wird nur, wenn diese Dividende weiter gekürzt wird. Ein weiteres denkbares Verkaufssignal wäre der Durchbruch unter 20 Euro. Allerdings bin ich kein Freund davon, Handlungen vom Preis abhängig zu machen. Das ist nicht nur bei der Schnäppchen-Jagd ein schlechter Ratgeber, sondern auch bei irrationalen Aktienmärkten.

Nachkaufen kann ich zu diesem Zeitpunkt niemandem Empfehlen. Langfristig gehe ich zwar nicht davon aus, dass RWE wirklich in Gefahr kommen wird, denn daran hätte auch die Politik kein Interesse. Dennoch steht außer Frage, dass der Kampf am Strommarkt härter wird. Da ich bei RWE leider weniger Ambitionen in Richtung neuer Energien erkennen kann, könnte dem Unternehmen die nächsten Jahre eine längere Durststrecke der Restrukturierung bevor stehen.

 

Bilder: Titelbild: MorqueFile / Chart: Onvista