Es folgt ein Gastartikel von Thilo Riegel. Er beschreibt auf Projekt-Unabhängigkeit.de seine Strategie zum Erreichen der finanziellen und persönlichen Freiheit. Doch an dieser Stelle soll es um das häufig diskutierte Thema Unsicherheit oder Risiko gehen. Diese Begriffe werden immer wieder gern verwendet, um bestimmte Entscheidungen zu begründen und Alternativen zu bewerten. Doch es ist nicht immer alles so riskant, wie es zunächst erscheint…
In letzter Zeit habe ich mich viel mit dem Thema „Sicherheit“ befasst – nicht im Sinne von „ich mache mein Haus einbruchssicher“ oder „ich kann mich verteidigen, wenn ich auf der Straße überfallen werde“, sondern im Sinne von „ich bin im Alltagsleben vor größeren Unfällen geschützt, die mir meine Lebensgrundlagen gefährden“.
Das ist jetzt natürlich ein riesiges Feld, das eigentlich alle, wirklich alle Lebensbereiche überlagert. Aber für den Zweck dieses Blogs will ich es auf das Thema „Investments“ beschränken.
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Warum ist das wichtig – für mich, für Rico, für uns alle, die wir uns finanziell unabhängig machen wollen? Weil es bei diesem Vorhaben, wie bei jedem anderen auch, darauf ankommt, die Risiken zu erkennen und diese zu minimieren bzw. zu vermeiden.
„Big deal, super-Erkenntnis!“, könnte man jetzt wohl sagen, „darauf wäre ich ja gar nicht gekommen!“ Ja, schon gut, Sekunde noch: Ich meine natürlich die wirklichen Risiken. Die richtigen, die unser Vorhaben ernsthaft gefährden können. Vor denen wir uns in Acht nehmen müssen.
Mein Kernpunkt ist:
Wir müssen die echten Risiken von den vermeintlichen, wahrgenommenen Risiken unterscheiden.
Und das ist gar nicht immer so leicht! Ihr wisst natürlich alle, dass man sehr viel darüber lesen kann. Vieles davon finde ich gut, und manches auch nicht so gut. Warum? Weil die (oft unausgesprochenen) Grund-Logiken hinter den Standard-Argumentationen ihre Schwächen haben.
Schauen wir uns das unter folgenden Aspekten an:
- Ängste und Risiken von einzelnen Investments im Kleinen (dieser Teil)
- Im Großen: Risiken von Portfolien und das Risiko von „nicht investieren“ (Teil 2)
Ängste
Es gibt diese zig-hundert Sachen, die uns Angst machen. Angst, dass wir es nicht schaffen, Angst zu „versagen“, Angst nicht dazu zu gehören usw. So, wie uns Angst bei allem möglichen im Leben im Weg stehen kann, kann sie es eben auch bei unserem Vorhaben, uns finanziell unabhängig zu machen.
Ein guter Teil dieser Ängste wird uns von unserem Umfeld eingeredet. Das tut es meistens nicht bewusst oder aus bösem Willen heraus, sondern, weil es auch nur aus Menschen besteht, die selbst alle anfällig dafür sind.
Angst ist insofern zweierlei: eine höchst private, intime Sache, weil es ja um unsere Gefühle geht, und eben auch eine soziale Sache, weil wir ja auch immer Teil einer Gemeinschaft sind, die uns nicht unbeeinflusst lässt. Es ist halt menschlich: Wir wollen gerne das machen, was alle anderen machen, weil wir uns damit sicher fühlen. Aber diese Sicherheit ist eine trügerische Sicherheit. Es ist eben nur ein Gefühl von Sicherheit.
Daher müssen wir uns manchmal von „conventional wisdom“, „Schwarmintelligenz“ oder wie auch immer wir es nennen, lösen und unseren eigenen Weg gehen. Nur weil die Mehrheit der Meinung ist, es so und so zu machen sei sicher, oder diese und jene Art, sein Geld anzulegen, sei mit den geringsten Risiken behaftet, muss das noch lange nicht stimmen (und das gilt teilweise auch sogar für die Mehrheit der Experten). Jedenfalls nicht so allgemein und nicht für jeden.
Viele Menschen, besonders in Deutschland, fühlen sich nur mit Bargeld bzw. Sichteinlagen auf dem Girokonto wohl, evtl. noch mit selbst genutztem Wohneigentum, und Wertpapiere und andere Investments machen sie nervös. Überhaupt scheint ja so Glaubenssatze vorzuherrschen der Art: „Aktien sind riskant, Sichteinlagen sind sicher, Unternehmensbeteiligungen sind nichts für Privatpersonen, Privatanleger müssen vor Schaden (also vor den Fehlern ihrer Investments) bewahrt werden“ usw. Das sind alles bestenfalls Halbwahrheiten, teilw. Sogar schlichte Propaganda.
Ängste sind kein guter Ratgeber. Sie verleiten uns zu falschen Schlussfolgerungen und Aktionen. Ängste muss man überwinden, wie bei allem im Leben, was man anpacken möchte. Und dazu gehört zunächst einmal, sich keine Denkverbote aufzuerlegen, keine „sicheren“ Nischen suchen zu wollen – und v.a.: eine positive Grundeinstellung einzunehmen.
Im Kleinen: Risiken von einzelnen Investments
Im letzten Teil haben wir uns mit den Ängsten beim Investieren befasst. Ich bin da bislang noch nicht sehr konkret geworden, weil das in der Natur dieses Aspekts liegt.
Dafür möchte ich das jetzt bei einem anderen Aspekt nachholen.
Wenn Du Dich finanziell unabhängig machen willst, dann musst Du die Risiken Deiner Investments genau einschätzen können. Und das wiederum bedeutet, dass Du genau verstehen musst, worin Du investierst, und zwar in jeder Hinsicht: Um welche Art Wertpapier es sich handelt, in welcher Branche / welchem Markt das Unternehmen arbeitet, wie seine Bilanz aussieht usw.
Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht.
- Ich war mal auf einer Party, bei der kurz das Thema auf Investments kam. Jemand hörte zu, wie ich mich mit einem Freund über unsere Depots unterhielt. Der dritte mischte sich ein und sagte: „Ich höre gerade, Ihr redet von Fonds?“ „Ja, auch – von ETFs, genauer gesagt.“ „Ah, ETFs, habe ich auch.“ „Ah ja, und welche?“ „Öh – iShares.“ Mein Freund und ich rollten innerlich die Augen, wir lächelten und wechselten das Thema. Dieser Mann hatte offensichtlich keine Ahnung, worin er sein Geld investierte.
- Aber auch auf einem etwas „höheren“ Niveau sieht es nicht immer so gut aus. Da kenne ich einige Leute, die eigentlich durchaus mehr vom Thema verstehen und trotzdem sehr naiv ihr Portfolio bestücken. Z.B. mit Aussagen wie „jetzt raus aus Amerika, rein in Asien“ oder so. Aha… so einfach ist also die Welt? Und selbst, wenn sie es wäre: Wenn es vor ein paar Tagen im Focus Money stand, dann ist doch die Sache längst gelaufen!
- Ganz besonders „liebe“ ich die Anlage-Empfehlungen in Form von „Geheimtipps“ von Freunden und Kollegen, z.B. beim Capuccino: „Und, worin investierst Du so?“ „Ich habe Pear im Depot, die haben geile Produkte.“ „Nehme ich dann auch. (Zwei Minuten später mit der App im Pear-Phone): Zwei Pfund Pear, bitte, geschnitten.“ (Irgendwelche Ähnlichkeiten zu real existierenden Unternehmen sind natürlich rein zufällig, und außerdem ist hier auch alles rein exemplarisch genannt.)
So sieht kein Verständnis von Investments aus. Ich rede von mühsamer Detail-Arbeit, in der man den ganzen Hochglanz-Mist mal zur Seite schiebt und sich mit den Tatsachen befasst. Und in solchen Überlegungen kommt man dann vielleicht zum Schluss, dass die Firma Pear zwar vielleicht geile Produkte hat (die ich evtl. sogar selbst gerne nutze), dass das aber trotzdem nicht unbedingt heißt, dass ihre Aktie ein gutes Investment ist – jedenfalls nicht unbedingt für mich und nicht unbedingt für den Zweck, für den ich jetzt einen bestimmten Betrag investieren möchte. Dass allein schon die Tatsache, dass alle so geil sind auf die Pear-Aktie, möglicherweise bedeutet, dass die Wachstums-Fantasien schon ausgereizt und damit ihr Kurs bereits viel zu hoch ist, und dass ich mir deshalb darüber im Klaren sein muss, dass es nach meinem Kauf auch ganz kräftig wieder abwärts gehen könnte — und dass ich daher wiederum ggf. einen sehr langen Atem brauche, um das aussitzen zu können. Von einer Lektüre des Geschäftsberichts mal ganz zu schweigen…
Im zweiten Teil: Risiken von Nicht-Investments oder kann man gar nicht investieren?