Die Zinsen für Baufinanzierungen sind immer auf einem historischen Tiefstand. Da es keine nennenswerten Guthabenzinsen gibt, erwägen immer mehr Menschen in Wohneigentum zu investieren. Eine Immobilie stellt einen bleibenden Wert dar. Doch trifft diese weitläufige Meinung tatsächlich noch zu? Was ist bei der Baufinanzierung und der Auswahl einer Immobilie unbedingt zu beachten?
Haushaltsplan aufstellen
Um das Projekt Eigenheim auf solide Beine zu stellen, ist, müssen zuerst sämtliche Einnahmen und Ausgaben realistisch gegenüber gestellt werden. Neben den Fixkosten ist ein ausreichender Betrag für den Lebensunterhalt der Familienmitglieder einzukalkulieren.
Wer bisher bereits ein Haushaltsbuch führt, dürfte mit dieser Kostenübersicht nur wenig Probleme haben. Ansonsten empfehle ich spätestens jetzt über eine genauere Buchführung nachzudenken, um seine Kosten im Blick zu haben. Dazu findest du zum Beispiel hier oder mit dieser Vorlage hilfreiche Einstiegspunkte.
Dann stellt sich heraus, wieviel monatliche Liquidität noch für die Rückzahlung eines Darlehens verbleibt. Daraus erschließt sich widerum die mögliche Höhe einer Finanzierung und somit des Kaufpreises.
Schnäppchenangebote kritisch betrachten
Ein großes Problem der Banken ist derzeit, dass sie Kundengelder nicht mehr zinsbringend bei der EZB anlegen können. Zinserhöhungen sind vorerst nicht in Sicht, die Erträge schrumpfen weiter. Das bevorzugte Geschäftsfeld bildet also das Kreditgeschäft. Durch puschende Werbung mit absoluten Niedrigzinsen, und der einmalig günstigen Situation am Markt wird das Geschäft kräftig angekurbelt. Das zeigen die stetig steigenden Zahlen und Rekordvermittlungen von Baufinanzierungen in den letzten Jahren.
Doch bedenklich stimmt, dass inzwischen teilsweise wichtige Grundsätze einfach über Bord geworfen werden. So bieten manche Institute inzwischen „Baufinanzierungen ohne Eigenkapital“ an. Auch werden teilweise extrem günstige Monatsraten mit zu geringer Tilgung vereinbart, um mehr Neugeschäft zu ergattern. Dies birgt hohe Risiken für die Kunden.
Eigenkapital einsetzen
Nur für Kunden mit hoher Bonität kommt eine Finanzierung ohne Eigenkapital überhaupt in Frage. Denn solch ein Modell ist riskant und teuer. Nicht nur, weil ein höherer Betrag getilgt werden muss, sondern auch, weil sich die Banken das höhere Risiko mit entsprechenden Zinsaufschlägen bezahlen lassen.
Grundsätzlich sollten zumindest die Erwerbsnebenkosten, wie Grunderwerbsteuer und Notar- und Grundbuchkosten, aus Eigenmitteln aufgebracht werden. Um in den Genuss der günstigsten Konditionen zu kommen, benötigt man weitere 20 bis 30 Prozent des Kaufpreises an Eigenkapital. Denn der Beleihungswert, bis zu dem die Kreditinstitute das als Sicherheit eingetragene Grundpfandrecht werthaltig ansehen, beläuft sich auf ca. 80 Prozent des aktuellen Kaufpreises.
Lange Festschreibung sichern
Die günstigen Konditionen sollten durch eine lange Zinsfestschreibung gesichert werden. Kamen früher auch Festzinsvereinbarungen über fünf Jahre oder weniger zum Einsatz, sind es heute mindestens 10 oder 15 Jahre. Kreditinstitute wie die Deutsche Kreditbank AG (DKB) bieten auch günstige 20-jährige Festschreibungen an.
Ausreichende Tilgung vereinbaren
Um die monatliche Belastung niedrig zu halten, kalkulieren manche Kreditanbieter lediglich 1,0 Prozent anfängliche Jahrestilgung ein. Doch die niedrige Tilgung kann böse Folgen haben. Wenn das Zinsniveau nach Ablauf der Zinsfestschreibung höher liegt, wird die Belastung in Zukunft teurer, vielleicht sogar untragbar.
Außerdem beträgt die Gesamtlaufzeit über 50 Jahre. Mancher Eigentümer ist bis dahin in Rente und muss bereits neue Kosten für Sanierungen aufbringen. Eine Abzahlung der Schulden rückt in weite Ferne. Im Ernstfall müssen die Kinder diese Last übernehmen, oder die Immobilie muss veräußert werden.
Um dieses Risiko zu vermeiden, ist je nach Alter und gewünschter Laufzeit eine Tilgung von 2,0 Prozent (Laufzeit ca. 35 Jahre) oder mehr wichtig. Durch das absolut niedrige Zinsniveau ist eine höher Tilgung leichter machbar als noch vor einigen Jahren. Die DKB bietet beispielsweise auch an, den Tilgungssatz zweimal kostenfrei zu wechseln. Das ist eine schöne Sache, da auf veränderte Situationen flexibel reagiert werden kann.
Sondertilgung, Ansparung Bausparguthaben
Alternativ kann bei freier Liquidität auch eine Sondertilgung geleistet werden. Hierzu muss eine entsprechende Vereinbarung im Darlehensvertrag getroffen werden. Die meisten Banken lassen fünf bis zehn Prozent der Darlehenssumme p.a. als Sondertilgung zu. Auch die Ansparung von Guthaben auf einem Bausparvertrag sorgt dafür, dass später ein Teil des Darlehens abgelöst und zinsgünstig verlängert werden kann.
Ein großer Vorteil der Sondertilgung liegt bei der sofortigen Einsparung von Zinskosten.
Spielraum für Unvorhergesehenes lassen
Eine Gefahr ist, dass die Finanzierung oft sehr eng kalkuliert wird. Ein eventuell enstehender Nachfinanzierungsbedarf wird dann problematisch. Erfahrungsgemäß entsteht dieser bei Neubauten jedoch gar nicht selten, weil Kosten zu gering kalkuliert oder die Höhe der Eigenleistung überschätzt wurden. Oder es fehlt am Ende vielleicht Geld für die Außenanlagen oder eine Küche.
Auch auf der Einkommensseite können belastende Umstände eintreten. Sei es durch berufliche Veränderungen, Familienzuwachs oder andere zusätzlich auftretende Kosten. Um flexibel zu bleiben, sollte deshalb auch beim Kapitaldienst noch etwas Luft vorhanden sein.
Vergleich von Angeboten
Die wichtigsten Punkte beim direkten Vergleich sind neben dem anfänglichen effektiven Jahreszins die Höhe der Zinszahlungen insgesamt sowie die Laufzeit und die Höhe der Restschuld. Genau hinschauen lohnt sich. Mehrere tausend Euro lassen sich für die Gesamtlaufzeit sparen. Auch weitere Bedingungen wie Sondertilgungsrecht oder Bereitstellungszinsen sind interessant.
Für einen ersten Überblick ist zum Beispiel die Darlehensberechnung der DKB Bank recht hilfreich.
In die Konditionsgestaltung der Banken fließen jedoch auch individuelle Faktoren ein. Neben der Darlehens- und Tilgungshöhe spielen z. B. auch Bonität, Objektlage und Beleihungswertgrenze eine Rolle.
Lage des Objekts
Eine gute Lage hat oberste Priorität, wenn man sich tatsächlch einen bleibenden Wert schaffen will. Die gewählte Region darf nicht von Arbeitslosigkeit und Bevölkerungsschwund betroffen sein. Umstände wie Lärmbelästigung wegen Angrenzung eines Gewerbegebiets oder der Bahn sind ein Wertminderungsfaktor. Vor dem Immobilienkauf sind nähere Erkundigungen über geplante Entwicklungen vor Ort sinnvoll.
Zu hoher Kaufpreis
Während die Darlehenszinsen im Keller sind, erreichen die Kaupfreise immer neue Höhen. Speziell in großen Städten und deren Randlagen werden teils astronomische Preise verlangt. Das Risiko eines späteren Wertverfalls bei Abflauen der derzeitigen Euphorie darf nicht unterschätzt werden (s. USA).
Bei Gebrauchtimmobilien kann es bares Geld wert sein, den Verkehrswert von einem vereidigten Gutachter überprüfen zu lassen. Bei festgestellten Schäden oder Mängeln reduziert sich der Kaufpreis und somit die Finanzierungssumme.
Fazit
Trotz der Niedrigzinsphase sollte man sich keinesfalls zu einem vorschnellen Immobilienkauf hinreißen lassen. Wer seine Immobilie bis zur Rente abgezahlt hat, genießt später den Vorteil mietfreien Wohnens. Dies gelingt, wenn das Objekt werthaltig ist, und die Finanzierung auf die persönlichen Verhältnisse abgestimmt ist. So wird das Eigenheim später nicht doch zum „Klotz am Bein“. Man sollte sich aber bewusst sein, dass eine eigene Immobilie keine Investition — und schon gar keine Altersvorsorge — ist, sondern eine persönliche Luxus-Entscheidung.
Wer die Immobilie vermieten möchte, sollte die mögliche Miethöhe im Umfeld beachten. Verkäufer versprechen hier gern Mietrenditen, die sich in der Realität nur schwer erzielen lassen. Wenn die Mieteinnahmen am Ende aber nicht stimmen, kann das den Immobilienkauf in einen Albtraum verwandeln.
Lass dich also nicht von niedrigen Kosten für die Baufinanzierung blenden. Wichtig ist, dass die anderen Parameter stimmen. Die passende Finanzierung ist dann der letzte Schritt.
Hallo Rico,
interessanter Artikel. Ich habe mit den Risiken selbst Erfahrungen gemacht allerdings nicht bei der Finanzierung. Ich habe mal die größten Risiken zusammengefasst. Den Artikel findest Du hier:
http://www.110prozent.club/risiken-bei-immobilieninvestments/
Liebe Grüße
Henning
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