Solltest du Aktien bei fallenden Kursen nachkaufen?
Solltest du Aktien bei fallenden Kursen nachkaufen?

Kennst du die Situation? Gerade hast du die perfekte Aktie gefunden und dir gleich ein sattes Paket ins Depot gelegt. Die Fundamentaldaten stimmen grundsätzlich, die Story klingt gut. Das kann nur ein Gewinn-Geschäft werden! Natürlich denkst du an die typischen Sprüche und nimmst dir vor, deinen Gewinn lange laufen zu lassen und nicht zu früh auszusteigen. — Doch nein! Wie durch die Hand des Teufels fängt der perfekte Chart auf einmal an sich zu wenden! Anstatt Gewinne siehst du nach kurzer Zeit ein sattes Minus und die Super-Aktie liegt mit rotem Vorzeichen schwer im Depot. Was nun?

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Zunächst einmal bist du natürlich frustriert. Natürlich geht der Kurs immer genau dann nach unten, nachdem du gekauft hast! Aber beim zweiten Mal hinschauen bist du dir eigentlich sicher: Das Unternehmen hat Potential! Die Daten sind super und du weißt, der Kursrückgang ist nur ein kurzer „Pull-Back“, bevor sich die Aktie zu neuen Höhen aufschwingt. Du hast jetzt drei Möglichkeiten:

  1. Du siehst ein, dass der Einstieg zu einem ungünstigen Moment erfolgt ist. Die Position wird geschlossen und du realisierst die Verluste.
  2. Du machst die Augen zu und hoffst, dass sich der Kurs „irgendwie“ wieder erholen wird. Wir wollten sowieso langfristig investieren.
  3. Du nutzt die einmalige Chance und greifst zu den Ausverkaufskursen noch einmal richtig zu! So billig kommst du schließlich mit Sicherheit nicht wieder zu diesem Traum-Unternehmen!

Grundsätzlich muss man hier sagen: Alle drei Möglichkeiten können richtig sein! Welche Option du aber wählen solltest, hängt von deiner Anlagestrategie ab!

Plane deine Handlungen immer vorab.

Doch was hat das nun alles mit dem eigentlichen Problem zu tun? — Hättest du eine Strategie, wüsstest du, ob du nachkaufen sollst und wieviel du investieren kannst!

Abgewogen: Nachkaufen, Aussitzen oder Verkaufen?

Wer Aktien billig nachkaufen will, sieht meist den Vorteil, dass man den Einstandskurs verbilligen kann und im nächsten Up-Move dann doppelt profitiert. Zudem trifft man ja eh nie den perfekten Kurs und nutzt so eben die gebotene Chance.

Aber hast du auch die Kehrseite betrachtet?

Ich persönlich bin fest der Meinung, dass man Aktien nicht ungeplant billig nachkaufen sollte.

Dies hat folgende Gründe: Wer sinkende Aktien ohne Strategie nachkauft, nur weil sie im Kurs gefallen sind, holt sich ein erhebliches Problem ins Depot: Du wettest auf die Verlierer! Es ist nämlich keineswegs garantiert, dass ein Aktienkurs sich immer wieder erholt oder jemals wieder die alten Höchststände erreicht. Zumindest kann es bis dahin lange dauern… Hast du so viel Zeit eingeplant? Schau dir doch einmal den Kurs der Deutschen Telekom an. Seit fast 15 Jahren ist der Kurs nicht einmal mehr in die Nähe des Hochs gekommen.

Kaufst du zu fallenden Kursen nach, gewichtest du automatisch die Verlierer höher. Wenn du gleichzeitig sogar die Gewinn deiner guten Aktien realisierst, hast du bald folgendes Ergebnis: Du hast alle Gewinner verkauft und dein gesamtes Geld in Verlust-Bringer investiert! Was glaubst du, wie erfolgversprechend diese Handlungsweise langfristig ist?

Also doch besser verkaufen?

Ehrlich gesagt halte ich diese Option zwar für besser als nachzukaufen, langfrisig erzeugst du mit der Suche nach dem perfekten Einstiegskurs aber enorm hohe Transaktionskosten. Zudem gehst du das Risiko ein, dass du einen guten Wert genau im Tiefpunkt verkaufst und anschließend vom nächsten Anstieg nicht mehr profitierst.

Ein typischen Beispiel in meinem Depot war Gilead Sciences. Das Biotech-Unternehmen hatte ich 2007 gekauft. Anschließend stieg der Kurs über 5 Jahre immer leicht an und fiel doch wieder auf ein niedriges Niveau zurück. Erst spät nahm das Unternehmen den positiven Trend wieder auf und generierte endlich eine positive Rendite. Damit gehörte der Wert lange zu einem meinen Top-Performern. Mit einem schnellen Verkauf hätte ich diese Chance vergeben.

Königsweg „aussitzen“?

Nichts tun, kann manchmal schwerer sein, als zu handeln. „Action bias“ wird dieses Symptom allgemein bezeichnet. Das Gefühl, dass man handeln muss, um die aktuelle Situation zu verbessern. Die Wahrheit ist aber: Manchmal ist nicht handeln die bessere Wahl. Häufig wird die Option nur übersehen. Nachteil kann natürlich sein, dass das Kapital über lange Zeit gebunden ist — aber war uns das mit dem Kauf von Aktien nicht ohnehin schon klar?

Ich persönlich empfehle „aussitzen“, weil es meist die richtige Entscheidung ist. Sie hat verschiedene Vorteile:

  • Geringe Kosten. Wer einmal eine Aktie gekauft hat, kann diese ohne zusätzliche Gebühren im Depot liegen lassen. Häufig bekommt man in der Zeit sogar noch eine Dividende gut geschrieben und wird damit fürs nichts tun bezahlt. Dieser Effekt wird in der Dividenden-Strategie ausgenutzt.
  • Du erhälst dir die Chancen auf den Kursanstieg. Eine Börsenweisheit sagt: „Wer die Aktien nicht hat, wenn sie fallen, hat sie auch nicht, wenn sie steigen.“ Der Grund? Häufig folgt die Erholungsphase überraschend und gerade die Kurswende bringt kurzfristig hohe Kurssprünge. Wer aussteigt, verpasst diese Sprünge meistens oder erzeugt doppelte Transaktionskosten (ein Verkauf + ein Kauf)
  • Schlechte Aktien verlieren automatisch an Gewicht. Der Kurs fällt, ihr Anteil im Depot sinkt. Wer 10 Wertpapiere kauft und diese über 10 Jahre hält, hat nach dieser Zeit automatisch die Gewinner übergewichtet. Ohne selbst handeln zu müssen!

Ein weiteres Beispiel, wo sich Aussitzen für mich bisher bezahlt gemacht hat, ist Hyundai Motors. Den südkoreanischen Automobilhersteller hatte ich als eines meiner ersten Investments über 10 Jahre im Depot. Teilweise war der Wert um über 80 Prozent gefallen, doch letztendlich stand ich rund 40 Prozent im Plus. Natürlich hätte ich auch nachkaufen können — aber offen gestanden: Im Nachhinein sind wir alle schlauer!

Wann nachkaufen Sinn macht

Natürlich kann nachkaufen auch richtig sein! Aber dies erfordert eine Bedingung: Du musst die Entscheidung, ob du beim einem Kursverlust nachkaufen willst schon vor dem Kauf gefällt haben! Das heißt du musst eine Handlungsstrategie kennen. Wie oft möchtest du nachkaufen? Wieviel Kapital willst du investieren? Wie lange wartest du mit dem Kauf?

Desweiteren solltest du dir mit dem Kauf bewusst sein, was passiert, wenn der Kurs doch nicht wieder steigt.

Häufig macht billiges nachkaufen vor allem bei Aktienfonds sinn, die schon ein Bündel aus mehreren Wertpapieren eines Marktes enthalten. Langfristig ist es eher unwahrscheinlich, dass sie dauerhaft sinken, denn hier entscheidet das Fondsmanagement über die Strategie — und fallende Fonds kauft niemand.

Eine typische Strategien, bei der Nachkaufen eine Rolle spielt, ist der „Sparplan“. Hier kaufst du regelmäßig immer wieder Anteile des gleichen Basiswertes. Dadurch spielt der aktuelle Tageskurs nur eine untergeordnete Rolle, weil die Grundannahme von steigenden Kursen ausgeht. Allerdings solltest du diese Strategie nur auf mehrere Positionen oder breit gestreute Aktienfonds anwenden.

Verteiltes Kaufen über einen festgelegten Zeitraum — etwa vier Käufe alle drei Monate verteilt über ein Jahr. Hier steht vor dem ersten Kauf die Höhe der Gesamtinvestition schon fest. Um bei hohen Kursen das Risiko zu reduzieren, wird die Investition aufgeteilt. Bei fallenden Kursen kommt man an günstigere Anteile, steigt der Kurs aber weiter, verliert man womöglich etwas vom Gewinn.

Beim Nachkaufen streust du dein Risiko über die Zeit.

Nachkauf-Strategien basieren folglich auf dem Ansatz „über die Zeit zu streuen“. Sie machen Sinn, wenn man von einem Wertpapier grundlegend überzeugt ist, aber das Marktrisiko von kurzfristigen Übertreibungen mindern will.

Fazit

Grundsätzlich kann Aktien billig nachkaufen eine Strategie sein, die zusätzliche Gewinne verspricht. Wer aber blind handelt, läuft Gefahr, dass er langfristig sein Depot mit Verlierern füllt und kein Geld zum Kauf der Gewinner mehr frei hat. In meiner Strategie des erweiterten Buy-and-Hold verfolge ich grundsätzlich den Ansatz, Kursschwächen auszusitzen.

Im Ergebnis kann ich nur sagen, dass man ohne Strategie mit dem Nachkaufen von Aktien bei sinkenden Kursen eher schlecht als recht fährt. Wer sich nicht auf sein Glück verlassen will, sollte freies Geld lieber in einen anderen Wert investieren. Mit Sicherheit gibt es mindestens eine Alternative, die ähnlich erfolgversprechend ist.

Aber ehrlich: Ich habe meine Lektion auch nur schmerzhaft gelernt! Ich habe sowohl bei Hyundai als auch bei einem anderen Wert „billig“ nachgekauft. Im ersten Fall wurde ich mit drei Jahre lang sinkenden Kursen „belohnt“. Im zweiten Fall habe ich dann doch die Reißleine gezogen, weil ich zu viel Geld investiert hatte. Ob das der Fall ist merkt man schnell, wenn man abends ins Bett geht und sich überlegt, ob man wirklich eine gute Wahl getroffen hat. Das Ergebnis hier: 30 Prozent Verlust und zusätzliche Transaktionsgebühren.

Kannst du meine Erfahrung bestätigen oder gibt es doch Gründe, die fürs billige Nachkaufen sprechen? Schildere deine Erfahrungen doch in einem Kommentar. Wenn du meinen Blog abonnierst, wirst du zudem automatisch über neue Antworten und neue Beiträge informiert. 🙂

Tipp zum Schluss: 1. Denken. 2. Entscheiden. 3. Handeln.

9 KOMMENTARE

  1. Wenn man nachkauft sollte man unbedingt im Auge behalten, das der Wert nicht ein zu hohen Anteil am Portfolio ausmacht. Den wichtigsten Hinweis hast du ja schon gegeben, das Bedürfnis bei sinkenden Kursen handeln zu wollen, ist eine aktion bias die zu häufigen Transaktionen führt. Bei steigenden Kursen gibt es das genauso. Daher mein ceterum censeo: Wer in Einzelaktien investiert sollte unbedingt versuche den fairen Wert abzuschätzen und entsprechend handeln. Selbst wenn man total danebenliegt, hat das vorgehen unschätzbare psychische Vorteile.

    • Hallo Robert, mir persönlich fällt es ungemein schwer einen fairen Wert zu bestimmen. Da gibt es einfach zu viele Unwägbarkeiten. Deshalb orientiere ich mich mittlerweile an Mittelwerten der Vergangenheit. Da hat man zumindest eine grobe Vorstellung wie weit man vom „Normalmaß“ entfernt ist.

  2. Hallo Rico,
    diese Frage habe ich mir auch schon öfter gestellt, wann es Sinn macht nachzukaufen. Grundsätzlich investiere ich in Unternehmen, von denen ich mir langfristig eine gute Performance erwarte und auch üerzeugt bin. Ich denke in diesem Fall ist es auch sinnvoll immer mal wieder bei Schwäche nachzukaufen.
    Ich habe kürzlich mein Depot einmal auf sein „Abwärtspotential“ analysiert und geschaut wie weit die Werte in der letzten Krise gefallen sind, von-40% bis -70% war alles dabei. Ich ziehe für mich daraus die Konsequenz, dass man nicht zu früh nachkaufen sollte. Wenn ich jedes mal wenn der Markt 5% nachgibt nachkaufe, dann wird das eine sehr lange Geschichte bis das Tief erreicht ist und eine riesige Position. Ich versuche erst bei 20% bis 30% eine zweite Position aufzubauen, aber auch das nur bei Werten wie McDonald, Coca Cola, Nestlé, BAT usw. (bei manchen fehlt auch noch die erste 🙂 ).
    VG
    Jan

  3. Hallo Rico,
    bei mir hängt es mit dem Nachkaufen davon ab, wie sicher ich mit meiner Einschätzung des Wertes eines Unternehmens bin. Deswegen habe ich alles schon einmal gemacht. Bei Kinghero bin ich momentan 80% im Minus, mache aber gar nichts, da ein KGV von 1 bei einem Profitablen Unternehmen auf jeden Fall zu billig ist (solange kein Betrug vorliegt) und ich deswegen weiter von einer akzeptablen Rendite auf mein Geld ausgehe. Bei der Münchner Rück hingegen, bei der ich ein KGV von 10 als fair erachte habe ich bei dem Kurssturz um 25% nach dem Erdbeben in Japan im großen Stil nachgekauft und habe dabei eine gute Rendite erzielt. Und jetzt noch zu meinem größten Anfängerfehler: Bijou Brigitte. Der Fehler dabei war zu glauben, dass ein Unternehmen ohne klaren Wettbewerbsvorteil trotz zunehmender Konkurrenz wieder seine Profitabilität aus der Vergangenheit erreichen könnte. Nach einem 10%-igen Kursrückgang habe ich meine Position aufgestockt um kurz danach noch einmal 30% zu verlieren. Danach habe ich mir endlich die Mühe gemacht und mir den Geschäftsbericht mal komplett durchzulesen und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Profitabilität zukünftig eher Stabil bleiben oder leicht abnehmen wird, weswegen sogar der Niedrigere Kurs für mich zu hoch war und ich verkauft habe. Den Verkauf habe ich übrigens bisher nicht bereut, da Bijou Brigitte heute immer noch genauso viel kostet, wie bei meinem Verkauf vor einem Jahr.
    Gruß Jonas

  4. Hallo Rico,
    sehr guter Artikel. Mich beschäftigt dieses Thema auch von Zeit zu Zeit.

    Bei meinen Einzelaktien diskutiere ich dieses Thema immer mit mir, wenn eine Aktie stark gefallen ist (wobei ich mich schwer tue „stark“ zu definieren). Ich habe mit dem Nachkaufen sehr gute Erfahrungen gemacht und mich manchmal geärgert, wenn ich nicht nachgekauft habe. Aber so ist das hinterher.

    Ob Nachkaufen sinnvoll ist oder nicht, kann vorher wohl niemand mit Gewissheit sein. Und wenn man mal ehrlich zu sich selbst ist: Wenn man die Aktie so toll einschätzen kann, wieso hat man sie denn überhaupt besessen, als sie gefallen ist? Und wieso sollte man diesmal besser schätzen? 😉

    Ich sehe es genau so, dass Aussitzen oft die deutlich bessere Wahl ist, aber Nachkaufen gibt einem manchmal einfach ein besseres Gefühl als „Nichts tun“. Insofern verlasse ich mich bei der Entscheidung neben harten Fakten und Zahlen auch auf mein „Bauchgefühl“. Für mich ist es sehr wichtig, dass ich von der Aktie überzeugt bin, denn dann kann ich gut schlafen.

    Viele Grüße
    der Finanzfisch

    • Hi Finanzfisch, dein Bauchgefühl ist in der Tat eine sehr wichtige Komponente in der ganzen Gleichung. Nur wenn man bei seiner Wahl ein gutes Gefühl hat, kommt man überhaupt durch das Tal der Tränen hindurch, wenn die Aktienpreise mal etwas nachgeben. Nachkaufen würde ich trotzdem nicht mehr, auch wenn es im Einzelfall möglicherweise sinnvoll erscheinen mag.

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