Suchst du auch die perfekte Aktie? Die nächste Kursrakete? Aber du hast keine Lust, dich lang durch Bilanzen und Kennzahlen zu wühlen? Dann helfen dir Aktiencharts, bei denen im Kursmuster bestimmte Signale markiert werden. Eine objektive Entscheidung auf Basis der Psychologie der handelnden. — Wirklich? Ich zeige dir ein einfaches Beispiel, bei dem sofort klar wird, warum dir Charts immer nur das sagen, was du aus ihnen herauslesen willst! Doch erfolgreich oder sogar reich wirst du damit höchstens zufällig.

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Das reizvolle an Kursmustern ist, dass sie tatsächlicher jeder lesen kann. Und Analysen lassen sich innerhalb kürzester Zeit erstellen, ohne sich lange in die Materie einarbeiten zu müssen oder das Unternehmen selbst verstehen zu müssen. Das Argument: „Der Markt hat immer recht.“

3 Vorteile der Charttechnik

Charttechnik lässt sich mit minimalem zeitlichen Aufwand betreiben. Anstatt lange in Jahresabschlüssen lesen zu müssen und komplizierte Kennzahlen zu berechnen, reicht ein Chart über einen beliebigen Zeitraum und man kann Anfangen, sich seine Formationen herauszusuchen.

Man muss das Unternehmen nicht verstehen, denn Charts sind abstrakt und unabhängig vom Geschäftsmodell. Zudem kann man eine Grafik immer leicht verstehen. Wie eine Factoring-Gesellschaft oder ein Technologie-Konzern sein Geld verdient, lässt sich nicht so einfach erklären. Überhaupt interessiert ein Geschäftsmodell sowieso nicht. Wenn der Kurs fällt, dann will man die Aktie auch nicht besitzen.

Charts und Kurse bilden die Psychologie der Masse ab. Es lassen sich also Stimmungen am Markt erkennen, die sich durch bestimmte Muster belegen lassen. Schulter-Kopf-Schulter-Formationen (SKS) zeigen zum Beispiel, wie sich die Masse erst vorsichtig an einen Höchstkurs durch die Ausbildung einer Schulter und einem Kopf (lokales Maximum) herantastet und dann ängstlich verkauft, bevor der Kurs nach dem dritten Pullback ein neues hoch generieren kann (rechte Schulter). Anschließend fällt der Kurs weiter ab, der Glaube in steigende Kurse ist dahin.

3 Nachteile der Charttechnik

Der größte Nachteil der Charttechnik ist, dass man die Muster immer erst dann erkennt, wenn sie bereits ausgebildet sind. Das heißt ab, wenn die SKS-Formation ausgebildet ist, habe ich den Höchstpunkt schon verpasst. Wenn die W-Formation ausgebildet ist, sind die tiefsten Kurse schon wieder Vergangenheit.

Der zweite Nachteil ist, dass sich Charts ständig ändern, weil Kurse jeden Tag neu gebildet werden. Kurse sind abhängig vom kurzfristigen Tagesgeschäft, von politischen Entscheidungen, vom Handel großer Investoren. Warum ist ein Unternehmen auf einmal schlechter, nur weil der Kurs fällt? Oder warum soll ein Unternehmen besser werden, wenn der Kurs steigt?

Trendanalyse mit Kursdaten

Verfechter werden nun sagen, dass Kurse gut sind, um einen langfristigen Trend zu bestimmen und um Übertreibungen zu erkennen. Doch ist das wirklich so? Allein die Entscheidung, um Kurse linear oder logarithmisch skaliert werden, entscheidet über die Ausprägung des Trends und der Position von wichtigen Widerständen.

Zum Beispiel habe ich 2007 den Biotechnologie-Spezialisten Gilead Sciences in meinem Aktiendepot. Der langfristige Aufwärtstrend ist bis heute phänomenal! Doch nach dem Kauf lief der Kurs nahezu fünf Jahre lang seitwärts. Jetzt stehe ich 200 Prozent im Plus und habe eine jährliche Rendite von rund 20 Prozent. Doch befindet sich Aktie nun in einer Übertreibungsphase oder nicht?

Der erste Chart stellt den Kursverlauf von Gilead Sciences bis 2013 in linearer Form dar. Klar ist zu erkenne, wie sich der Kurs nach dem letzten hoch im Jahr 2008 und einer Konsolidierung bis zum letzten Tief in 2010 explosionsartig von 17 auf 55 US-Dollar verdreifacht hat. Würdest du zu diesem Zeitpunkt noch in die Aktie investieren? Tatsächlich sieht es hier wie eine klare Übertreibung aus, bei der man besser auf einen deutlichen Rücksetzer oder eine neue Konsolidierung wartet.

Betrachtet man diesen Chart von Gilead Sciences bekommt man einen vollkommen anderen Eindruck. Die Konsolidierug zwischen 2008 und 2010 wirkt deutlich schwächer. Auch die Kursexplosion ab 2011 fällt hier weniger extrem auf. Vielmehr lässt sich erkennen, wenn man den Chartverlauf mit einer oberen Linie beschränkt, dass sogar noch weitere Potential für Kurszuwächse vorhanden ist! Denn im Moment scheint Gilead Sciences nichts weiter zu tun, als in die langfristige Aufwärtsbewegung zurückzulaufen.

Fazit: Finger weg von Kursmustern

Tatsächlich streiten sich die Geister, ob Kursmuster nun tatsächlich helfen können oder nicht. Ich persönlich bin nach 8 Jahren an der Börse der Meinung, dass sich damit kein Blumentopf gewinnen lässt. Man verliert sogar Zeit und Nerven, weil man ständig die Kursentwicklung im Blick haben muss. Hinzu kommt, dass man zu jeder Zeit eine Analyse auf täglicher, wöchentlicher, monatlicher, jährlicher, dreijährlicher, fünfjährlicher, zehnjährlicher oder ganz anderen Datenbasis durchführen kann. Die Auswahl ist endlos.

Meist vermitteln zwei Charts über den gleichen Kurs auch ein konträres Bild. Kaufen oder Verkaufen? Steigt der Kurs oder fällt er? Chartanalysen helfen keinen Schritt weiter.

2 KOMMENTARE

  1. Ein wirklich sehr interessanter Artikel! Ich beschäftige mich gerade mit der Charttechnik. Die Charttechnik ist der Grundbaustein der technischen Analyse. Im Gegensatz zur fundamentalen Analyse wird anhand der Charttechnik nur die Vergangenheit betrachtet. Im Endeffekt sollte diese Rückschlüsse / Hinweise über die zukünftige Entwicklungen liefern. Es gibt eine ganze Reihe von unterschiedlichen Charttypen und –techniken. Die klassische Charttechnik, die Point- Figure Technik, die Candlestick Technik sowie die Elliott Wellen Theorie sind hierbei die bekanntesten. Je nach Tradingstrategie bzw. –absicht können einzelne Trader unterschiedliche Strategien bevorzugen bzw. anwenden. Die Charttechnik stellt hierbei sicherlich ein bedeutendes Tradinginstrument /-unterstützung dar. Jedoch muss man sich im Klaren sein, dass man die Zukunft nie von der Vergangenheit ableiten kann. Spekuliert man nur kurzfristig (Daytrading) kann man sicherlich anhand der Charttechnik agieren. Langfristig wird die Charttechnik meist noch mit fundamentalen Daten kombiniert. Wie man hierbei erkennt, kann man lediglich aufgrund der Charttechnik handeln oder diese als sinnvolle Unterstützung beim Trading einsetzten.

  2. Sehr interessanter Beitrag. Sie verschweigen aber etwas sehr wichtiges. Nach welchen Kriterien haben Sie sich für diese Aktie entscheiden. Und wann verkaufen Sie? Von Buchgewinnen kann man sich selten etwas in der wirklichen Welt kaufen. Alleine beim Anblick eines Charts würde ich nicht sagen, ob einen Aktie überkauft oder überverkauft ist. Es können sich ja die Fundamentaldaten (Gewinne steigen, dann steigt auch der Kurs) geändert haben. Deswegen nützt auch die Stochastik wenig. Die kann länger im Überkauften und Überverkauften Zustand sich befinden. Ich bin aber eher Swingtrader und da verwende gerne die Chartanalyse bei der Auswahl meiner Future CFDs. Ich verwende aber nur Indikatoren und Unterstützungs- und Widerstandslinien. Ich schaue nicht nach Candlesticks (Hammer, …) und ob irgendwo im Chart ein Wimpel oder sonst was ist. Das ist mir echt zu komisch und außerdem zu Aufwendig im Backtest. Jeder Methode (ob technisch oder fundamental) kann man Fehlsignale generieren. Das Unternehmen kann auch fundamental plötzlich mal stark drehen. Man darf dann halt nicht ewig dran glauben, dass es sich wieder dreht.

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